Zwei Geräte waren es, die mich in jungen Jahren in die Welt der Videospiele eingeführt haben: Das Sega Master System und der Atari ST. Ich kann beim besten Willen nicht mehr sagen, was ich zuerst kennengelernt habe – immerhin war ich schätzungsweise vier bis fünf Jahre alt – aber beide haben mich von Anfang an grenzenlos begeistert.
Über das Master System habe ich an dieser Stelle bereits mehrmals ausführlich gesprochen, deshalb erzähle ich heute einmal von meinen Erfahrungen mit dem guten alten Atari ST.
Der Grund, warum wir überhaupt einen ST im Haus hatten und nicht etwa einen Amiga oder Macintosh, waren die besonderen MIDI-Fähigkeiten des Computers, die mein Vater fürs Muzieren im privaten Studio zu nutzen wusste. Nichtsdestotrotz hatten wir eine auch rückblickend betrachtet ziemlich schöne Auswahl an Spieleklassikern zu Hause. Immerhin waren meine Eltern Power Play-Leser, wussten also, was gut ist…
Das allerwichtigste Spiel war für mich Indiana Jones and the Last Crusade, mein erstes Lucasfilm Games/LucasArts-Adventure, aber auch darüber habe ich schon genug gesagt. Mit Dungeon Master lernte ich mein erstes Rollenspiel kennen, und im Rückblick muss ich sagen, dass das bestimmt ein sehr guter Einstieg war. Immerhin war der wegweisende First-Person-Dungeon-Crawler damals ein Musterbeispiel an Benutzerfreundlichkeit und Immersion gleichzeitig. Und die Mumien, Screamers und sonstige Ungeheuer, die im Dungeon lauerten, haben mich damals im wahrsten Sinne des Wortes das Fürchten gelehrt.
Ich kann mich nur an ein Spiel erinnern, das mir als Kind damals mehr Angst gemacht hat: Chrono Quest. Dabei handelt es sich nicht etwa um einen geheimnisvollen Vorgänger der Sqare-RPGs Chrono Trigger und Chrono Cross, sondern um ein obskures Point-and-Click-Adventure von Psygnosis aus dem Jahr 1988, in dem man mit einer Zeitmaschine durch verschiedene Epochen der Weltgeschichte reist, um den Mörder seines Vaters zu finden. Es war kein besonders gutes Adventure was das Gamedesign betrifft (in der Tat machte es so ziemlich all die klassischen Genre-Fehler, die Lucasfilm Games‘ Maniac Mansion ein Jahr zuvor so exemplarisch ausgemerzt hatte), aber Grafik, Musik und Atmosphäre waren fantastisch. Noch heute rinnt mir ein kalter Schauer über den Rücken, wenn ich an die gruseligen Musikstücke denke.
Wo wir bei obskuren Spielen sind: Ein Spiel, dass ich nur heimlich spielen konnte, weil es mir meine Eltern verboten hatten, war Hostages, in dem man die Rolle einer Anti-Terror-Spezialeinheit übernahm, die eine Geiselnahme in einer Botschaft beenden sollte. Der geringe Bekanntheitsgrad von Hostages verwundert mich heute etwas, angesichts dessen auf wie vielen Systemen es insgesamt erschienen ist, so sogar auf dem NES unter dem Titel Rescue: The Embassy Mission. Meine Vermutung ist, dass es doch relativ viele Leute kennen, die diversen Namensgebungen auf unterschiedlichen Systemen und in verschiedenen Teilen der Welt allerdings nicht gerade der kollektiven Gedächtnisbildung zuträglich waren. Andererseits: Vielleicht war es auch einfach kein wahnsinnig bemerkenswertes Spiel. Im Grunde bestand es aus drei kurzen Abschnitten: einem Side-Scrolling-Level, in dem man Suchlichtern ausweichen musste, einem Abschnitt, in dem man sich vom Dach abseilen und durch die Fenster snipern konnte und zuguter Letzt einem First-Person-Part, in dem man das Gebäude nach Terroristen und Geiseln durchsuchte. Insgesamt war alles an dem Spiel sehr solide und der letzte Teil ist eine interessante, frühe Vorwegnahme des Ego-Shooter-Genres, aber es war praktisch eben doch in zehn Minuten durchgespielt.
Soviel für heute, nächste Woche werde ich etwas weiter in meinen Atari ST-Erinnerungen wühlen und dabei noch den ein oder anderen richtigen Klassiker ausgraben.