Ich kann mich an kaum ein Unternehmen erinnern, dass das Klischee des tyrannischen, aufgeblasenen, unmoralischen, machtbessesenen, skrupellosen Megakonzerns so gut verkörpert hätte wie Activision es momentan tut. Seien es die Meldungen des CEO Bobby Kotick („den Spaß aus der Videospielentwicklung nehmen und eine Atmosphäre voller Pessimismus und Angst schaffen“, „Franchises ausschlachten“, „Spiele noch teurer machen“), der Versuch Brütal Legend am Erscheinen zu hindern, die Terminierung eines Fan-Adventures, das nach Erwerbung einer Linzenz und acht Jahren Entwicklungszeit kurz vor der Fertigstellung stand oder aktuell das Entlassen/Terrorisieren der Modern Warfare 2-Entwickler – Activision enttäuscht nie!
Dabei hat Activision – wie so viele mächtige Imperien – als kleiner, unabhängiger Kämpfer gegen das begonnen, was es heute repräsentiert. Gegründet wurde es im Jahr 1979 vom Geschäftsmann Jim Levy und einer Gruppe Programmierer, die zuvor bei Atari tätig gewesen war, darunter David Crane (Pitfall!, Little Computer People, A Boy And His Blob). Crane und seine Kollegen hatten sich bei Atari ungerecht behandelt gefühlt; als Programmierer kreierten sie die Spiele, die ihre Firma reich machte, Anerkennung oder gar eine faire Bezahlung erhielten sie jedoch nicht. Obwohl ein Spiel zu der Zeit zumeist von einem einzigen Programmierer im Alleingang aus dem Boden gestampft wurde, durfte nicht einmal sein Name im Endprodukt erwähnt werden, weder im Spiel noch auf der Packung noch in der Anleitung. Dieser Umstand war es, der zu den bekannten ersten Easter Eggs führte, in denen die Game Designer ihre Namen oder Initialen in ihren Spielen versteckten; das bekannteste Beispiel ist gewiss der Geheimraum in Adventure, in dem trotzig und stolz die Worte „Created by Warren Robinett“ auf dem Bildschirm prangen.
Activisions Designer machten das, was sie bei Atari auch gemacht hatten: Spiele für das Atari 2600 programmieren – etwas das bisher ausschließlich Atari selbst gemacht hatte, wie es zu der Zeit normal war: Der Hersteller einer Konsole ist der einzige, der Software für diese Konsole veröffentlicht, Punkt. Atari war es gar nicht recht, dass Activision nun in ihren Gewässern fischte, und so klagten sie. Und verloren.
Es kann gar nicht überschätzt werden, was für einen zentraler Schlüsselmoment das für die Videospielindustrie darstellt: die „Erfindung“ von Third Party-Herstellern. Nur war das Konzept leider noch nicht ganz ausgereift. Jeder, absolut jeder, der Lust hatte, konnte ab nun Videospiele für das Atari 2600 herstellen und verkaufen, was zu einer Überschwemmung des Marktes mit drittklassiger Shovelware und letztendlich zum Videospielcrash von 1983 führte. Erst Nintendo fand schließlich den perfekten Kompromiss in der Vergebung von Lizenzen an ausgewählte Third Parties und etablierte damit das bis heute erhaltene System.
Activision selbst machte jedoch alles andere als drittklassige Shovelware, sondern im Gegenteil einige der besten und erfolgreichsten Atari 2600-Titel überhaupt, darunter Pitfall!, River Raid, H.E.R.O. und Kaboom!. In den Anleitungen gab es jeweils eine Seite, die nur dem Designer gewidmet war, mit Biographie und Unterschrift.
Ja, das war vor langer Zeit einmal, wofür der Name Activision stand: Originelle Spielideen, bahnbrechende Konzepte und Respekt und Anerkennung für die kreativen Leistungen seiner Mitarbeiter. Das nennt man Ironie der Geschichte.
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