Ein frischer Blick auf Ultima VI

Noah Antwiler aka The Spoony One macht seit einigen Wochen in seiner Internet-Show The Spoony Experiment eine umfangreiche Ultima-Retrospektive und ist heute endlich bei Ultima VI: The False Prophet angekommen, meinem Favoriten der Reihe und einem meiner Lieblingsspiele aller Zeiten. Spoony ist wie ich ein großer Fan der Ultima-Serie, und seine Videos bringen eine frische, humorvolle Perspektive auf die Spiele. Auf diese Weise bringt er sie teilweise einem völlig neuem Publikum näher, das Ultima bisher nur vom Hörensagen kannte.

So veranstaltete er etwa anlässlich seines Reviews von Ultima III, in dem der Spieler vom Gras attackiert werden kann, den Grass Battle Video Contest. Darin waren Fans aus aller Welt waren aufgerufen, Kurzfilme einzuschicken, die epische Kämpfe gegen Gras zum Thema hatten, und am Ende war selbst Spoony von der schieren Anzahl und auch der durchgehend hohen Qualität der Ergebnisse überrascht.

Doch zurück zu Ultima VI. Zu meinem Entsetzen gesteht Spoony gleich zu Beginn seines Reviews, dass er das Spiel noch nie mochte. Zwar lobt er die komplexe Story und ihre Inszenierung anfänglich in höchsten Tönen, kritisiert aber ihren allzu simplen Ausgang. Weiters verliert er harte Worte über das Design und das umständliche, unübersichtliche Interface, was ich interessant finde – galt Ultima VI doch damals als eine Revolution in Benutzerfreundlichkeit und Intuitivität.

Mit vielen seiner Kritikpunkte hat Spoony allerdings trotzdem nicht unrecht. Aus heutiger Sicht ist das Interface unnötig kompliziert. Es gibt nur eine Handvoll Musikstücke, die sich immer wieder wiederholen. Und es gibt viele allgemeine Design-Macken, die einem den Spaß verderben können. Nur auf das Kampfsystem lasse ich nichts kommen, das ist in meinen Augen perfekt.

Ich habe mir immer schwer getan mit der Einschätzung von Ultima VI. Es hat zweifellos viele Schwächen, aber in meinen Augen sind die Dinge, die es richtig macht – die lebendige Welt, das unglaubliche Maß an Interaktionsmöglichkeiten, die Ambitionen der Story – , einfach zu atemberaubend, als das man es nicht als eines der besten Spiele überhaupt werten kann. Eigentlich gilt das für die meisten Ultima-Spiele. Wirklich schade, dass heute so gut wie niemand mehr versucht Spiele in diesem Stil zu machen, mit den Jahrzehnten zusätzlicher Design-Erfahrung – nicht einmal Ultima-Schöpfer Richard Garriott.

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Retrogame-Video-Reviewer (Teil 2)

Teil 1 gibt es hier.

The Spoony Experiment

Noah Antwiler aka The Spoony One ist wahrscheinlich mein Liebling unter den Retrogame-Reviewern, auch wenn es fast zu kurz gegriffen ist, ihn als solchen zu bezeichnen: Er spricht in seinen Videos und Artikeln neben Videospielen über Filme, Serien, Comics, Pen&Paper-Rollenspiele, Wrestling oder Kuriosiäten wie interaktive Hörbücher.

Angefangen hat er als eine von tausend Angry Video Game Nerd-Kopien, mit Reviews von NES-Spielen, die ihn in seiner Kindheit gequält haben. Zur Form fand er spätestens mit seiner Besprechung des PC-Spiels The Thing (dem „Sequel“ zum Carpenter-Film), aber sein wahrer Durchbruch begann mit seinem epischen, mehrteiligen Final Fantasy VIII-Bashing, einem Internet-Geniestreich, der Horden von erfolgreich getrollten Fanboys anlockte und Spoonys Bekanntheitsgrad über Nacht durch die Decke schießen ließ.

Sein Humor ist stark beeinflusst von Mystery Science Theatre 3000 und extrem dicht an Popkulturreferenzen. Aufgrund seiner Leidenschaft für schlechte, obskure Billig-Filme sind FMV-Spiele eine besondere Spezialität von ihm, also die „Interactive Movies“ auf CD-ROM, die man uns Mitte der Neunziger als die Zukunft der Videospiele einzureden versuchte.

Zuhause ist The Spoony One und seine Show auf http://spoonyexperiment.com/.

Empfehlungen zu geben ist hier aufgrund der großen Menge an äußerst unterschiedlichen Videos besonders schwer, aber ich picke einfach einmal das Review des FMV-Spiels Microcosm heraus.

The Final Highlander

Hier ist ein Geheimtipp. Auf diesen sympathischen irischen Herren bin ich wie so oft völlig zufällig gestoßen, als mir seine brilliante Liebeserklärung an Indiana Jones and The Fate of Atlantis über den Weg lief. Er spricht zwar auch über neue Spiele (und Filme) und die Anzahl seiner Videos hat noch nicht die Ausmaße der eines Spoony One erreicht, aber dafür bietet er ungewohnt intelligente Besprechungen mit Substanz. Keine tiefgreifenden Analysen oder Close Readings, aber niveauvolle, zivilisierte Reviews mit einem Auge für Details und einem merklichen Fehlen von Fäkalwitzen oder ähnlichem.

Hier ist sein YouTube-Channel:
http://www.youtube.com/user/TheFinalHighlander

Meine Empfehlung ist das erwähnte Review von Indiana Jones and the Fate of Atlantis.

Viel mehr Retrogame-Reviewer, die ich wirklich gut finde und verfolge, gibt es eigentlich nicht, aber mir fallen noch mindestens zwei ein, die ich trotz relativer Populariät für schrecklich und untalentiert halte. Über diejenigen könnte ich zwar auch noch sprechen, andererseits a) möchte ich eigentlich nicht unbedingt Werbung für sie machen und b) wüsste ich sowieso nicht, was ich großartig über sie sagen sollte, außer, dass sie schrecklich und untalentiert sind. Somit werde ich hier einen Schlussstrich unter das Thema Retrogame-Video-Reviewer ziehen. Wie heißt es so schön: Wenn du nichts Nettes zu sagen hast, sag lieber gar nichts!

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