Du Papa, wo kommen eigentlich die kleinen Sims her?

Vielleicht nimmt man mir meinen Hardcore-Gamer-Führerschein weg, wenn ich das sage – aber ich bin ein großer Fan von The Sims. Sowohl den ersten als auch den zweiten Teil habe ich ausgiebigst gespielt, und momentan fesselt mich gerade der dritte. The Sims ist genial, und man sollte nicht den Fehler machen, es als Casual Game abzutun, nur weil ein Publikum jenseits pubertierender Burschen anspricht.

The Sims füllt eine Lücke: Endlich geht es in einem großen Computerspiel einmal um soziale Interaktion, um alltägliche Gefühle und allgemein um Dinge, die jeder Mensch nachvollziehen und verstehen kann und nicht nur eine Gruppe auf Tolkien und Star Wars geschulter Nerds. Dabei werden Elemente der Genres Aufbaustrategie, Rollenspiel und Adventure miteinander verbunden, während für viele Leute an Videospielen abschreckende Elemente wie Geschicklichkeit und schnelle Reflexe nicht nötig sind.

Aber wir befinden uns hier in der Retro-Rubrik, und auch wenn das erste The Sims schon wieder fast zehn Jahre her ist, so liegen die wahren Wurzeln der Serie doch noch um einiges länger zurück. Eigentlich ist sie nämlich ein Spin-Off eines viel älteren Franchises – des der Sim-Spiele. Begonnen hat dieses mit 1989, als Spieldesigner Will Wright mit seinem Studio Maxis die Städtebausimulation SimCity veröffentlichte.

Die Idee für dieses neuartige Spielkonzept kam Wright bei der Arbeit an seinem ersten Spiel Raid on Bungeling Bay. Dabei handelte es sich um ein Shoot-em-up, das jedoch bereits über Simulationsaspekte verfügte: Die feindlichen Basen wuchsen und entwickelten sich im Laufe des Spiels von selbst, so dass der Spieler sich beeilen musste, sie zu zerstören, bevor sie zu mächtig und fortgeschritten wurden. Als Will Wright bemerkte, dass er mit dem Karteneditor des Spiels mehr Spaß hatte, als mit dem Spiel selbst, kam ihm die Idee für SimCity.

Eines der ungewöhnlichsten Merkmale von SimCity war, dass es kein konkretes Spielziel gab. Der Spieler hatte die Aufgabe, eine Stadt zu errichten, mit Wohn-, Geschäfts- und Industrievierteln, Straßen, einem Stromnetz etc. Einen Punkt, an dem er „gewonnen“ oder „verloren“ hatte, gab es jedoch nicht. Eine Ausnahme bildeten spezielle Szenarien wie das Erdbeben in San Francisco im Jahr 1906.

SimCity wurde ein großer Erfolg, mit Preisen überhäuft und erschuf quasi im Alleingang ein neues Genre. Es wurde auf zahlreiche Plattformen portiert und erhielt selbstverständlich eine Reihe von Nachfolgern. Aber nicht nur das: Das Sim-Konzept wurde im Laufe der Jahre, auch von Wright selbst, auf diverse andere Bereiche umgelegt. So gab es SimEarth, in dem ein ganzer Planet simuliert wurde, oder SimLife, das sich um die Evolution von Tieren und Pflanzen drehte. Besonders interessant war auch SimAnt – die Simulation einer Ameisenkolonie.

The Sims, das im Jahr 2000 erschien, wurde schließlich der kommerziell deutlich erfolgreichste Ableger – bis heute ist es das erfolgreichste Computerspiel aller Zeiten, mit einem Anteil von etwa 50 Prozent Frauen unter den Spielern. Dass es also offensichtlich einen gigantischen Markt für gute, komplexe AAA-Titel jenseits von klischeehaften Machofantasien gibt, haben in der Spieleindustrie aber leider immer noch viel zu wenige Leute realisiert.

[Andreas Dobersberger]