„We’re going to play Persona? What? Are you stupid?“

Seit einigen Tagen spiele ich wie besessen Persona 4 auf der PS2. Das Spiel ist riesig, und es wird noch einige Zeit dauern, bis ich durch bin, aber ich traue mich schon jetzt zu sagen, dass es neben Earthbound und Mother 3 das wahrscheinlich beste JRPG ist, das ich je gespielt habe. Wer Persona 4 fatalerweise nicht kennt: Es handelt sich um eine Mischung aus klassischem JRPG, Dungeon Crawling, Social Sim und Adventure und spielt in der fiktionalen japanischen Kleinstadt Inaba im Jahr 2011. Der Protagonist ist ein Teenager, der für ein Jahr aus der Großstadt nach Inaba zu seinem Onkel zieht, und sich dort nicht nur nur sozial einleben muss, sondern auch bald mit einer bizarren Mordserie mit paranormalen Hintergründen konfrontiert wird. Aber da es sich hier schließlich um die Retro-Rubrik handelt, sollte ich weniger über das Spiel selbst, als viel mehr über seinen historischen Hintergrund sprechen.

Persona 4 ist Teil der Megami Tensei– bzw. Shin Megami Tensei-Serie (auch bekannt als MegaTen) des Entwicklers Atlus. MegaTen ist bei uns nicht besonders bekannt, vor allem auch weil nur vergleichsweise wenige Spiele hier erschienen sind, aber in Japan handelt es sich neben Dragon Quest und Final Fantasy um das dritte große RPG-Franchise. Auch dort fällt es zwar in Sachen Popularität hinter die ersten beiden zurück, aber nichtsdestotrotz existiert die Serie seit den Famicom-Tagen und umfasst mittlerweile unzählige Spiele. Den Überblick dabei zu behalten, ist verdammt schwierig, da es sich um ein dichtes Netz aus Sequels, Sub-Serien und Spin-Offs handelt. Deshalb ist es auch nicht leicht, einen gemeinsamen Nenner zu finden, der MegaTen kurz und knackig beschreibt. Aber versuchen wir es einmal mit ein paar Annäherungen.

Die meisten Spiele spielen in der Gegenwart oder einer nahen, postapokalyptischen Zukunft und zeichnen sich durch eine vergleichsweise düstere Grundstimmung aus. Auch spielen Religion, Philosophie und das Okkulte eine große Rolle. Dämonen müssen nicht nur bekämpft, sondern auch rekrutiert werden, was uns zu einem MegaTen-Markenzeichen führt: Zwar gibt es auch wie in anderen RPGs haufenweise Kämpfe, allerdings kann man hier oftmals mit den Gegnern verhandeln oder sie gar dazu überreden, sich der Party anzuschließen (auch dieses Feature fehlt allerdings beispielsweise in Persona 3 und 4). Was man noch über so ziemlich alle Spiele der Serie sagen kann, ist, dass sie sich vornehmlich an Hardcore-Gamer richten, die vor einem hohen Schwierigkeitsgrad und komplexen Spielmechaniken nicht zurückschrecken.

Die wohl bekannteste und populärste MegaTen-Sub-Serie ist die Shin Megami Tensei: Persona-Reihe. Den Spielen dieser Reihe ist gemeinsam, dass sie ein bisschen mehr auf bekannte JRPG-Konventionen setzen (so gibt es ausschließlich eine klassische menschliche Party statt dem Rekrutieren von Dämonen), im Japan der Gegenwart spielen und Schüler als Protagonisten haben, die sogenannte Personas beschwören können. Der erste Teil erschien 1996 für die PlayStation, ist aber unter anderem dank seiner bizarr schlechten englischen Übersetzung (aus der das  wunderschöne Zitat stammt, das den Titel dieses Artikels darstellt) heute nicht mehr zu empfehlen. Zum Glück gibt es seit vergangenem Jahr ein stark überarbeitetes und neu übersetztes Remake für die PSP. Auch Persona 2 hatte so seine Probleme außerhalb Japans. Es besteht nämlich aus zwei Teilen, Innocent Sin (1998) und Eternal Punishment (1999) – und nur der zweite Teil schaffte es in den Westen. Aber auch für dieses Problem gibt es mittlerweile eine Lösung in Form einer Fan-Übersetzung für Innocent Sin.

Richtig abgehoben hat die Persona-Serie mit Persona 3 (2006) auf der PS2. Hier wurden nun die Social Sim-Elemente eingefügt, die sich auch in Persona 4 finden. Des Nachts erforscht man einen geheimnisvollen Turm namens Tartarus, und tagsüber geht man in die Schule und pflegt Freundschaften, die sich wiederum auf die Personas auswirken. Ein Jahr später gab dann Persona 3: FES, eine stark erweiterte Version mit einem zusätzlichen Epilog in der Länge eines eigenen Spiels. Ein PSP-Remake unter dem Namen Persona 3 Portable ist auch erschienen, bisher allerdings nur in Japan. Persona 4, 2008 in Japan und den USA und 2009 in Europa abermals für die PS2 erschienen, verbessert die Konzepte des Vorgängers schließlich noch einmal, unter anderem durch mehr Abwechslung in Gameplay und Story und die Möglichkeit, alle Partymitglieder in Kämpfen direkt zu kontrollieren, statt ihnen wie nur Befehle zu geben und sich auf ihre AI zu verlassen wie in Persona 3.

Und jetzt muss ich mich entschuldigen und weiterspielen.

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