R.I.P. Retronauts

1UP-Redakteur Jeremy Parish verlautbarte diese Woche eine traurige Meldung: Eine allerletzte Episode wird es noch geben, dann wird Retronauts – der mit Abstand beste Podcast zum Thema Retrogaming – nach 99 Folgen eingestellt. Retronauts-Inhalte sollen auf 1UP weiterhin vertreten sein, so z.B. in Form des schon länger geführten Retronauts-Blogs oder – wie angedeutet wurde – in Video-Form (gab es auch schon hin und wieder, nannte sich Retronauts: Bonus Stage), aber mit dem Podcast ist es vorbei. Was wahrscheinlich sowieso nur eine Frage der Zeit war, denn Parish hatte immer wieder bekannt, dass er sich in der Rolle eines Podcast-Moderators nicht besonders wohlfühle, und Versuche die Moderation abzugeben waren immer wieder gescheitert. Aber hey, beachtliche 99 (bzw. zum jetztigen Zeitpunkt 98) Folgen Retronauts existieren und werden immer existieren, und das Schöne an einem Podcast zu einem historischen anstatt zu einem aktualitätsgebundenen Thema ist, dass er relativ zeitlos bleibt.

Was genau Retronauts so gut gemacht hat, habe ich schon einmal erklärt: Profis, die wissen wovon sie reden, diskutieren ausführlich und intelligent über alte Videospiele. Die Besetzung wechselte ständig, zur „Kerntruppe“ zählten aber auf jeden Fall Parish, Scott Sharkey, Chris Kohler, Ray Barnholt und Shane Bettenhausen (früher) / Frank Cifaldi (heute). Die Themenauswahl war recht konsolen- bzw. Nintendo-lastig, aber das war nun einmal das Spezialgebiet des Moderators. Mario, Zelda, Castlevania, Mega Man, Ninja Gaiden, Chrono Trigger, Dragon Quest, der Game Boy – aber trotzdem auch jede Menge anderes wie der C64, das Master System, der Saturn, das Neo Geo, die amerikanische Arcade-Geschichte, First-Person-RPGs, Emulation, Space Invaders, Phantasy Star, Diablo, Myst, Fallout, Bioware und so weiter und so fort.

Am unterhaltsamsten und spaßigsten fand ich immer die Folge über den Maskottchen-Boom in der 16-bit-Ära (Episode 14) – ein gutes Beispiel für die gute Chemie des „Retro-Dream-Teams“ Parish, Sharkey, Kohler, Barnholt. Wenn es hingegen um den reinen Informationsgehalt geht, ist z.B. die Famicom-Episode (48) eines der definitiven Highlights. Auch zu empfehlen: die „A Brief History of Video Game Music“-Episode (9), allgemein ein Fan-Favorit.

Wer den Podcast überhaupt nicht kennt: Die neueste Episode, Nummer 98, ist ein fantastischer Einstieg. Das Thema ist das 25-jährige Jubiläum des NES, ein Retronauts-Spezialgebiet, und die ganze erste Hälfte wurde im Rahmen eines Panels auf der Penny Arcade Expo aufgenommen, also mit Publikum. Das Ergebnis ist witzig, enthusiastisch und kompetent – kurz gesagt: typisch Retronauts.

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Retro zum Hören

Seit jeher höre ich mir zum Einschlafen gern mit dem Kopfhörer Dinge an: als Kind Hörspielkassetten, später Kabarett-CDs und heute sind es meistens Podcasts. Und Podcasts höre ich im Wesentlichen zu zwei Themen: Filme und Retro-Videospiele. Heute möchte ich einmal über meine beiden Lieblingsshows der letzteren Gruppe sprechen (beide englischsprachig).

Der beste mir bekannte Podcast zum Thema Retro-Videospiele im Internet ist ganz klar Retronauts auf 1up.com unter der Leitung von Jeremy Parish. Hier diskutieren Profis in wechselnder Besetzung (Journalisten, Leute aus der Spieleindustrie) auf hohem Niveau und zumeist sehr ausführlich seit ca. drei Jahren und 78 Episoden über alle möglichen Retro-Themen, in der Regel mit aktuellem Bezug. So spricht Parish etwa in der jüngsten Episode mit Konami-Mitarbeitern über Rocket Knight Adventures, Contra und Silent Hill und deren Remakes und Revivals.

Die Schwächen und Nachteile von Retronauts halten sich in Grenzen und sind nicht tragisch: Die Episoden erscheinen häufig in höchst unregelmäßigen Abständen, die Themen sind stark konsolenlastig (obwohl es durchaus auch Episoden etwa über den C64, Doom oder Fallout gibt) und in bestimmten Konstellationen kann es hin und wieder vorkommen, dass mehrere Leute in ihrer Leidenschaftlichkeit zugleich und durcheinander reden.

Meine Lieblingsfolge? Vielleicht diejenige über die Maskottchen-Plage Anfang der Neunziger. Kann ich mir einfach immer wieder anhören.

Der zweite „große“ Retro-Videospiel-Podcast für mich ist RetroforceGO! von Destructoid.com (ältere Folgen gibt es als Torrent oder hier), den ich allerdings inzwischen nur noch selten höre. Ob er tatsächlich schlechter geworden ist oder ich ihm einfach „entwachsen“ bin, kann ich nicht sagen. RetroforceGO! unterscheidet sich fundamental von Retronauts. Hier geht es nicht um fachliche Expertise und informative Diskussionen, sondern schlicht um Spaß, Nostalgie, Freundschaft und Liebe zu Videospielen. Die Hosts sind markante, liebenswerte und extrem enthusiastische Persönlichkeiten (da wird schon mal minutenlang gekreischt, geschrien und gequietscht, wenn Mega Man 9 erscheint), es gibt haufenweise Running-Gags und politisch unkorrekten Humor, und im Mittelpunkt steht weniger Fachwissen als persönliche Erfahrungen und Erinnerungen (daraus ergibt sich übrigens abermals eine starke Konsolenlastigkeit).

Episoden erscheinen wöchentlich (mit längeren Sommerpausen, wie auch momentan) und es gibt mittlerweile genau 100 Stück davon. Ich würde behaupten, dass das sich das Goldene Zeitalter der Show in den ersten 30 bis 50 Episoden abspielt und danach der berühmte Shark gejumpt wurde. Zum einen verließ der Haupt-Host Dyson den Podcast, stattdessen holte man die Freundin einen anderen Hosts an Bord, die in 95% der Fälle nichts außer Zwischenbemerkungen der Sorte „Yeah, that’s amazing“ beizutragen hat (inzwischen ist Dyson allerdings wieder zurückgekehrt); zum anderen gibt es nun einmal eine beschränkte Halbwertszeit für eine Show, die sich aus den persönlichen nostalgischen Erinnerungen ihrer Hosts speist.

In seiner besten Zeit jedoch war RetroforceGO! für mich ein Höhepunkt der Woche (und verantwortlich für eine ganze Menge gelachter Tränen).

Tja, das sind sie, meine beiden Lieblingspodcasts zum Thema. Vielleicht schreibe ich an der Stelle noch einmal über deutschsprachige Alternativen, auch wenn diese eher dünn gesät sind. Auf jeden Fall beneide ich jeden Retro-Videospiel-Fan, der die beiden genannten Shows neu für sich entdeckt.

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