Ben & Dan’s Excellent Adventure: Time Gentlemen, Please!

Schon ein paar Wochen nachdem ich meine „Beste Videospiele 2009“- und „Beste Spiele 2009 für Retrofans“-Listen geschrieben habe, ärgere ich mich darüber, was ich ausgelassen habe. Dem Point&Click-Adventure Time Gentlemen, Please!, das ich zwar als es erschienen ist auf eine Art wahrgenommen, aber erst vor ein paar Tagen wirklich gespielt habe, wäre auf beiden Listen eine Erwähnung sicher gewesen.

Time Gentlemen, Please! ist die Fortsetzung von Ben There, Dan That!, beides Adventures im Stil von Klassikern wie LucasArts‘ Sam and Max Hit the Road. Geschrieben wurden sie in AGS von Chris Jones, einer Engine, der wir bereits etliche großartige Adventures der letzten Jahre verdanken, wie 5 Days a Stranger, Nelly Cootalot, A Tale of Two Kingdoms oder die Blackwell-Reihe.

Im Mittelpunkt von Time Gentlemen, Please! stehen die beiden Londoner Ben und Dan (Alter Egos der Designer), die durch Versuche mittels Zeitreisen die Erfindung von Kleiderhaken zu verhindern (es macht Sinn im Kontext… irgendwie) die Zeitlinie so stark durcheinandergebracht haben, dass sie das am Beginn des Spiels in den 1940er-Jahren festsitzen, in denen Hitler dank seiner Nazi-Roboter-Saurier-Armee kurz vor der Erlangung der Weltherrschaft steht. Und zu allem Überfluss tauchen auch noch mehr und mehr Risse im Raum-Zeit-Kontinuum auf, die zwar das Hin- und Herreisen zwischen verschiedenen Zeitebenen ermöglichen, jedoch andererseits wiederum zur Vernichtung des Universums führen könnten. Kurz gesagt, die Umstände sind nicht unbedingt ideal, und Ben und Dan müssen ihr Möglichstes tun, sie durch das Lösen kniffliger Rätsel wieder halbwegs in Ordnung zu bringen.

Vorhin habe ich das Spiel mit Sam and Max Hit the Road verglichen, was nicht nur am extremen und schwarzen Humor liegt, sondern auch am Interface, das quasi 1:1 übernommen wurde. Man steuert Ben durch die Welt, klickt sich mit der rechten Maustaste durch Icons wie Benutzen, Schauen und Reden, während Dan treu hinterherläuft und ebenfalls mittels Icon für Rätsel eingesetzt werden kann. So hat er etwa nützliche Programmierfähigkeiten oder macht schlicht Dinge, die Ben verweigert, weil sie „nur ein kompletter Idiot“ tun würde.

Die Rätsel sind nicht zu einfach und nicht zu schwierig; sie erfordern eine recht eigene Logik, aber sind immer durchschaubar, wenn man sich auf die verrückte Welt des Spiels einlässt. Der Einfluss von Day of the Tentacle zeigt sich in Puzzles, die die Zeitreisedynamik nutzen. Wenn ich auf ein Hindernis stoße, liegt die Lösung vielleicht gar nicht darin es zu überwinden, sondern in die Vergangenheit zu reisen und es gar nicht erst enstehen zu lassen.

Eine der größten Stärken des Spiels ist das Fehlen von Sprachausgabe. Jep, richtig gelesen, das ist eine Stärke, und hier ist wieso: Während gewöhnliche Adventures inkorrekte Lösungsansätze häufig mit nichts weiter als einem von Mal zu Mal frustrierender werdenden „Das funktioniert so nicht“ kommentieren, entstehen in Time Gentlemen, Please! aus nahezu jeder denkbaren Aktion einzigartige, witzige Meldungen oder gar ganze Dialoge zwischen den beiden Hauptdarstellern, bis zu dem Punkt an dem man absichtlich die unsinnigsten Dinge ausprobiert, nur um die zu hören, was Dan und Ben dazu zu sagen haben. Auch bekommt man in diesen Dialogen oftmals subtile Hinweise, wenn man immerhin schon in der gedanklichen Nähe der korrekten Lösung war. Diese Features sind Gold wert, weil sie einen Großteil der Frustration, der einen in Adventures ereilen kann, schlicht eliminieren. Das Skript gewinnt dadruch aber natürlich gewaltige Ausmaße, sodass es in dieser Form – zumindest von so einem kleinen Studio – niemals zu vertonen gewesen wäre.

Das letze Argument für Time Gentlemen, Please! ist der Preis. 0 Euro für Ben There, Dan That!, 3,65 Euro für Time Gentlemen, Please!. Oder 4 Euro auf Steam für beide Spiele im Paket. Es gibt also keinen Grund, zumindest den ersten Teil nicht einmal anzuspielen (Englischkenntnisse vorausgesetzt).

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