Das gar unglaubliche Märchen von Fantasy Zone II DX

Die Geschichte von Fantasy Zone II DX ist ein Retro-Märchen, wie es viel zu selten geschrieben und das leider auch viel zu selten erzählt wird. Also übernehme ich diese Aufgabe jetzt und hier.

Es war einmal ein Spiel namens Fantasy Zone. Fantasy Zone war eines der beliebtesten Arcade-Spiele von Sega in den Achtzigern und bekam in Folge dessen auch ein Sequel: Fantasy Zone II: The Tears of Opa-Opa. Allerdings wurde dieses nicht, wie der erste Teil, für Segas System 16-Arcade-Hardware, sondern für das Sega Master System entwickelt. Obwohl es schließlich einen Arcade-Port gab, so basierte dieser auf dem System E-Board und war damit, abgesehen von ein paar kleinen Gameplay-Tweaks, praktisch mit der Master System-Version identisch.

Das fanden viele Fans schade. Nicht, dass Fantasy Zone II ein schlechtes Spiel gewesen wäre – im Gegenteil – aber die Hardware-Limitationen des Master Systems gegenüber wie ein waschechtes Arcade-Sequel hätte aussehen können, warfen doch immer die Frage auf: „Was wäre gewesen, wenn…?“ Es erschienen zwar noch zwei weitere Nachfolger, Super Fantasy Zone für das Mega Drive und Fantasy Zone Gear für den Game Gear, jedoch reichten beide nicht an das Original heran und konnten somit nicht darüber hinwegtrösten, dass es nie eine Arcade-Version des an sich großartigen Fantasy Zone II gegeben hatte.

Zwanzig Jahre strichen ins Land bis Sega sich anlässlich der Fantasy Zone Complete Collection – Vol.33 der leider nur in Japan erhältlichen Sega Ages-Reihe für die PS2 – entschloss, diesen Missstand der Geschichte ungeschehen zu machen. Da Zeitreisen noch nicht erfunden waren, griff das Studio M2, welches sich für die Sega Ages-Reihe zuständig zeichnete, zu tatsächlicher, zwanzig Jahre alter System 16-Hardware und programmierte darauf Fantasy Zone II von Grund auf neu. Dabei reimaginierte man die Levels, Grafik und Musik des Spiels indem man sich visuell und akustisch am ersten Teil orientierte und die Levels durch neue, an Arcade-Gameplay angepasste und von zwei Jahrzehnten zusätzlicher Design-Erfahrung profitierende Mechaniken überarbeitete.

Das Ergebnis war schließlich Teil der 2008 erschienenen Fantasy Zone Complete Collection, und schien als hätte man einen bisher unveröffentlichten Automaten von Sega aus den Achtzigern wiederentdeckt. Damit ähnelte es Spielen wie Mega Man 9 und Retro Game Challenge, nur dass das Retro-Feeling im Falle von Fantasy Zone II DX nicht durch eine moderen Engine simuliert, sondern durch die Original-Hardware vermittelt wurde.

Die Fans waren außer sich Freude über diese schicksalshafte Entwicklung, war Fantasy Zone II DX doch möglicherweise das beste Spiel der gesamten Reihe. M2 machte sich auf, die Rebirth-Reihe für Konami zu entwickeln. Sega lernte nichts aus der ganzen Sache und übergab die Entwicklung von Sonic The Hedgehog 4 an Sonic Team und Dimps. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

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Herbst der Konsolenjubiläen

Diesen Herbst kann man sich ja vor Konsolenjubiläen gar nicht retten. Gerade erholt man sich noch von „25 Jahre NES“, „25 Jahre Sega Mark III“ und „15 Jahre PlayStation im Westen“, da geht es schon weiter. Vor ein paar Tagen wurde die Xbox 360 fünf Jahre alt, heute steht „20 Jahre Super Famicom“ (also SNES in Japan) an, und in drei Tagen „10 Jahre PlayStation 2 in Europa“.

Zur Xbox 360 sage ich an dieser Stelle jetzt mal nichts – immerhin ist das hier eine Retro-Kolumne – aber die beiden letztgenannten sind, zumindest von ihrer Spielebibliothek her, vielleicht die beiden großartigsten Konsolen überhaupt. Beide definieren ihre jeweilige Ära bzw. Generation und repräsentieren die Perfektion der Konzepte, Mechanismen und Techniken, die auf einer bahnbrechenden, aber etwas ungeschliffenen Vorgängerkonsole etabliert wurden.

Beispiel Super Famicom: Ein Metroid wurde durch Super Metroid praktisch obsolet, und die mit Dragon Quest etablierte, klassische JRPG-Formel wurde mit Final Fantasy VI, Chrono Trigger, Mother 2 und Dragon Quest V – den vier großen JRPGs auf dem System und damit den vier großen JRPGs der 16-bit-Ära insgesamt (Seiken Densetsu 2, also Secret of Mana, ist mehr ein Genremix als ein klassisches JRPG) – nicht nur verfeinert, sondern in der Qualität nach Meinung vieler bis zum heutigen Tag nie wieder umgesetzt.

Ähnlich sieht es auf der PS2 aus. Mit Metal Gear Solid 2 und 3 konnte Hideo Kojima die cinematischen Ambitionen des ersten Teils auf der PlayStation endgültig befriedigend umsetzen, und in Metal Gear Solid 3: Subsistence im Grunde zum ersten Mal die Kamera aus ihrer starren Overhead-Position, in der sie seit dem ersten Metal Gear auf dem MSX verharrt hatte, lösen und eine vollständig immersive Raumerfahrung bieten. Zu Grand Theft Auto muss ich in diesem Zusammenhang ja wohl nicht einmal etwas sagen.

Übrigens ist die PS2 bis heute die meistverkaufte Konsole aller Zeiten, sogar noch vor Handhelds wie dem Game Boy und dem DS. Ganz zu schweigen davon, dass sie immer noch gekauft wird! Zum Vergleich: Das SFC/SNES kommt ungefähr auf ein Drittel der verkauften Einheiten und steht damit insgesamt auf Platz 9.

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Ein frischer Blick auf Ultima VI

Noah Antwiler aka The Spoony One macht seit einigen Wochen in seiner Internet-Show The Spoony Experiment eine umfangreiche Ultima-Retrospektive und ist heute endlich bei Ultima VI: The False Prophet angekommen, meinem Favoriten der Reihe und einem meiner Lieblingsspiele aller Zeiten. Spoony ist wie ich ein großer Fan der Ultima-Serie, und seine Videos bringen eine frische, humorvolle Perspektive auf die Spiele. Auf diese Weise bringt er sie teilweise einem völlig neuem Publikum näher, das Ultima bisher nur vom Hörensagen kannte.

So veranstaltete er etwa anlässlich seines Reviews von Ultima III, in dem der Spieler vom Gras attackiert werden kann, den Grass Battle Video Contest. Darin waren Fans aus aller Welt waren aufgerufen, Kurzfilme einzuschicken, die epische Kämpfe gegen Gras zum Thema hatten, und am Ende war selbst Spoony von der schieren Anzahl und auch der durchgehend hohen Qualität der Ergebnisse überrascht.

Doch zurück zu Ultima VI. Zu meinem Entsetzen gesteht Spoony gleich zu Beginn seines Reviews, dass er das Spiel noch nie mochte. Zwar lobt er die komplexe Story und ihre Inszenierung anfänglich in höchsten Tönen, kritisiert aber ihren allzu simplen Ausgang. Weiters verliert er harte Worte über das Design und das umständliche, unübersichtliche Interface, was ich interessant finde – galt Ultima VI doch damals als eine Revolution in Benutzerfreundlichkeit und Intuitivität.

Mit vielen seiner Kritikpunkte hat Spoony allerdings trotzdem nicht unrecht. Aus heutiger Sicht ist das Interface unnötig kompliziert. Es gibt nur eine Handvoll Musikstücke, die sich immer wieder wiederholen. Und es gibt viele allgemeine Design-Macken, die einem den Spaß verderben können. Nur auf das Kampfsystem lasse ich nichts kommen, das ist in meinen Augen perfekt.

Ich habe mir immer schwer getan mit der Einschätzung von Ultima VI. Es hat zweifellos viele Schwächen, aber in meinen Augen sind die Dinge, die es richtig macht – die lebendige Welt, das unglaubliche Maß an Interaktionsmöglichkeiten, die Ambitionen der Story – , einfach zu atemberaubend, als das man es nicht als eines der besten Spiele überhaupt werten kann. Eigentlich gilt das für die meisten Ultima-Spiele. Wirklich schade, dass heute so gut wie niemand mehr versucht Spiele in diesem Stil zu machen, mit den Jahrzehnten zusätzlicher Design-Erfahrung – nicht einmal Ultima-Schöpfer Richard Garriott.

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Donkey Kong Country Returns mit Super Guide

Das 2D Jump ’n‘ Run ‚Donkey Kong Country Returns‚ wird wie bereits New Super Mario Bros. Wii die sogenannte „Super Guide“ – Funktion enthalten: Sobald der Spieler 8 Mal im Spiel stirbt gibt es die Möglichkeit, dass sich das Spiel quasi von selbst spielt, wenngleich man jederzeit wieder einsteigen kann. Somit ist es möglich besonders schwierige Stellen quasi zu überspringen. Quelle: joystiq.com

Als es noch Geheimnisse gab

Manche Leute behaupten ja, früher wäre alles besser gewesen. Männer waren Männer, Frauen waren Frauen, Kinder waren gut erzogen, Filme und Musik waren noch richtig gut. Was Spiele betrifft, nun, die waren noch eben richtig herausfordernd und überhaupt kam es nicht nur auf die Grafik an wie heute. Und es gab das vermaledeite Internet noch nicht, was bedeutete, dass jedes Spiel ein Mysterium mit potenziell unendlichen Möglichkeiten darstellte.

Statt dass man am Releasetag eines Spiels auf Gamefaqs schauen konnte und dort ein Dokument im Umfang des Alten Testaments vorfand, dass jede Spielmechanik und jedes noch so kleine Geheimnis bis aufs Letzte aufschlüsselte, musste man zu deutlich beschränkteren Mitteln greifen, wenn man feststeckte. Freunde in der Schule konnten wertvolle Tips geben, auch wenn die Hälfte davon gewiss komplett erfunden war. Man konnte heimlich die sündteure Hotline von Sega, Nintendo oder ähnlichen Institutionen zu Rate ziehen, aber auch dort stieß man eher auf überforderte, unterbezahlte Callcenter-MitarbeiterInnen. Und dann gab es natürlich noch Zeitschriften und Lösungsbücher. Manche Entwickler legten schon das Design ihrer Spiele darauf an, dass möglichste viele Hintbooks oder Ausgaben von Nintendo Power gekauft werden. Ich denke da besonders an Adventures auf dem PC, aber auch an NES-Spiele wie Milon’s Secret Castle oder Castlevania II: Simon’s Quest.

Es war aber, bei aller Kritik und/oder Verklärung, unbestreitbar eine abenteuerliche Zeit. Ich weiß noch, wie ich an den Code für die Levelauswahl in Sonic 2 gekommen bin. Mein Vater rief mich von Unterwegs an und teilte mir mit, dass er in einer Buchhandlung ein Hintbook für Sega Mega Drive-Spiele entdeckt habe. Darin habe er den Code entdeckt, den er mir sogleich über das durchsagte. Ich probierte ihn aus, er funktionierte, und ich weiß ihn heute noch auswendig: 19, 65, 09, 17 im Soundtest-Menü – der Geburstag von Sonic Team-Gründer Yuji Naka, wie ich Jahre später erfuhr.

Indiana Jones and the Last Crusade ist ein besonders schönes Beispiel, weil ich trotz mehrmaligem Durchspielen im Laufe der Jahre immer wieder neue Dinge entdeckt und erfahren habe. Als ich 11 oder 12 war, erklärte mir ein Schulkollege detailliert, wie man nach Berlin gelangen und Hitler persönlich gegenübertreten konnte wie im Film. Er wusste sogar die genauen Sätze, mit dem ich dem Grenzposten auf dem Weg dorthin überzeugen konnte, mich durchzulassen. Und schließlich erklärte er mir, dass Hitler blöd genug ist, ein Autogramm auf einem Passierschein zu hinterlassen, wenn man ihm diesen vor die Nase hält. Mit diesem unterschriebenen Passierschein kam man an sämtlichen Grenzposten auf dem Weg nach Iskenderun vorbei, was ich absolut unglaublich und fantastisch fand, waren die Grenzposten doch immer der meistgefürchtetste Teil des Spiels für mich gewesen.

Ja ja, so war das früher. Die Generation, die heute mit Videospielen aufwächst, wird solche Erlebnisse schon nicht mehr kennen, denn im Regelfall gibt es keine richtigen Geheimnisse in Videospielen mehr; jede Antwort ist mehr oder weniger einen Mausklick entfernt. Das ist ein bisschen traurig, aber sind wir uns ehrlich: Würden wir uns eine Zeit ohne den Komfort des Internets wirklich zurückwünschen? HELL NO!

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Das gruseligste Spiel aller Zeiten

Ich wusste noch nie, was die Leute an Halloween gefunden haben. Das ganze Horror-/Grusel-/Spuk-Gedöns hat mich immer gelangweilt. Gespenster, Vampire, Werwölfe, Zombies – was mich betrifft alles nerviger Kinderkram. Mir fallen nur eine Handvoll Werke ein, die mir wirklich erfolgreich Angst eingejagt haben: Blair Witch Project zum Beispiel, auch einige H.P. Lovecraft-Stories und natürlich das ein oder andere Videospiel.

Wenn man mich nach dem gruseligsten Videospiel aller Zeiten fragt, dann muss ich für meine Antwort tief in die Obskuritätskiste greifen, und selbst dann fällt die Antwort höchst subjektiv aus. Ich könnte mir gut vorstellen, dass jemand anderer, der dieses Spiel nicht als kleines Kind gespielt hat, keine Ahnung hat, was ich daran unheimlich finde. Die Rede ist von Chrono Quest, einem Adventure von Psygnosis aus dem Jahr 1988 für (unter anderem) den Atari ST, das ursprünglich unter dem Namen Explora in Frankreich erschienen war.

Chrono Quest ist wirklich kein besonders gutes Adventure. Zwar sind Grafik und Sound makellos, aber das Point-and-Click-Interface ist umständlich und die Rätsel sind langweilig und teilweise unfair. Trotzdem: Schon das Titelbild in Kombination mit der Musik ist unglaublich effektiv darin, mir einen angenehm gruseligen Schauer über den Rücken zu jagen. Als das Spiel beginnt, befindet man sich im schlossartigen Anwesen seines ermordeten Vaters und muss dessen Zeitmaschine finden, um den Mörder zu schnappen, der in die Zukunft geflohen ist. Und schon habe ich die Hose voll. Da schleicht man also durch ein riesiges, verlassenes Landhaus während im Hintergrund ein schwermütiger Walzer spielt.

Richtig schlimm beginnt es aber erst dann zu werden, wenn man versucht, ohne Feuerzeug in den dunklen Keller hinabzusteigen. Sofort gibt es einen entsetzlichen digitaliserten Schrei, gefolgt von einer kurzen, aber hochgradig tragischen Tonfolge. Man ist im Dunkeln über die Treppen zu Tode gestürzt – Überraschung! Wie man sich vorstellen kann, lockert es die die ohnehin schon unheimliche Atmosphäre nicht gerade auf, dass hinter jedem falschen Schritt nicht nur der Spielertod, sondern auch ein plötzlich aus dem Nichts kommender verzerrten Todesschrei lauern könnte.

Leider gibt es aufgrund der Obskurität des Spiels auf YouTube nur ein einziges kurzes Video, das die ersten Spielminuten (und keine Todessequenz) zeigt. Absolut niemand, der das Spiel nicht als Kind mit großen Augen am Computer der Eltern gespielt hat, wird da vermutlich irgendetwas daran gruselig finden. Mir persönlich reicht es aber schon, um wimmernd und schluchzend unter die Bettdecke zu kriechen.

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