LucasArts macht Dampf

Ich weiß, dass ich gerade in letzter Zeit viel über LucasArts-Adventures schreibe, aber das sind nun mal die Zeichen der Zeit: Die erste Episode von Tales of Monkey Island ist erschienen, The Secret of Monkey Island: Special Edition erscheint nächste Woche und LucasArts hat zum ersten Mal seit langer Zeit einige seiner Point-and-Click-Klassiker neu aufgelegt, nämlich als Downloads über Steam für lächerliche 3,99 Euro. Um vier Stück handelt es sich dabei, um genau zu sein, und falls es Leute gibt, die daran interessiert sind, aber unsicher, wo sie anfangen sollen – hier ein kleiner Guide.

Indiana Jones and the Last Crusade (1989)

Darüber habe ich letzte Woche gerade erst geschrieben. Auf jeden Fall empfehlenswert, vor allem natürlich für Fans des Films, aber vielleicht aus heutiger Perspektive nicht der allerbeste Einstieg, weil es doch ein Spiel aus der frühen Phase von LucasArts ist, in dem sie das absolut perfekte Gleichgewicht noch nicht ganz gefunden haben.

Loom (1990)

Loom war das Spiel, das auf The Last Crusade folgte, und läutete zusammen mit The Secret of Monkey Island das Goldene Zeitalter der Adventures ein. „Klassisches“ LucasArts ist Loom bestimmt auch nicht, aber nicht weil es unausgereift wäre, sondern weil es schlicht bis heute einzigartig ist. Geboten wird ein faszinierendes, hochatmosphärisches Fantasy-Szenario (entworfen vom Infocom-Veteran Brian Moriarty) wunderschöne Grafik und Musik und vor allem ein ungewöhnliches und sehr originelles Interface: Statt dass man wie üblich auf Verben klickt, um mit der Umwelt zu interagieren, funktionieren die Rätsel hier über Zaubersprüche, die aus Musiknoten zusammengesetzt sind.

Beim Steam-Release handelt es sich um die PC-CD-ROM-Version, die zwar über fantastische VGA-Grafik und über Sprachausgabe verfügt, aber dafür auch gekürzte Dialoge und weniger Hintergrundmusik hat. Allerdings gibt es eine legale Möglichkeit, die in einigen Bereichen überlegene FM-Towns-Version herunterzuladen, wenn man die Steam-Version besitzt. Details dazu hier.

Indiana Jones and the Fate of Atlantis (1992)

Okay, hier sind wir jetzt mitten in der Goldenen Ära von LucasArts gelandet. Man kann es drehen und wenden wie man will, das ist eines der besten Videospiele aller Zeiten. Wer sich auch nur ansatzweise für Indiana Jones und/oder Point-and-Click-Adventures begeistern kann und Fate of Atlantis allen Ernstes noch nie gespielt hat, der muss hier zuschlagen. All die schlimmen Erinnerungen an Kristallschädel, Maulwürfe und Shia LaBeouf werden sich ins Nichts auflösen.

Und das Spiel ist nicht nur gut, es ist auch eines der umfangreichsten und ambitioniertesten Adventure-Projekte, die es je gegeben hat. Auf drei unterschiedlichen Pfaden lässt es sich durchspielen, je nachdem, ob man den Schwerpunkt auf Rätsel, Action oder Teamarbeit legen möchte. Quasi drei Adventures zum Preis von einem.

The Dig (1995)

Tja, 1995 war besagte Goldene Ära dann leider schon wieder vorbei. Zwar gab es noch hin und wieder sehr gute Adventures aus dem Hause LucasArts, aber The Dig zählt nicht dazu. Es mag über gute Produktionswerte verfügen, aber mein Geschmack ist es einfach überhaupt nicht. Ich spiele Adventures nicht, um durch Höhlen auf verlassenen Planeten zu wandern, Knöpfe in der richtigen Reihenfolge zu drücken und Schildkrötenskelette korrekt anzuordnen. Aber ich weiß, vielen Leuten machen solche Dinge Spaß, sonst hätte sich Myst wohl nie so gut verkauft. Wer also auf sowas steht, kann bedenkenlos zugreifen. Andere sind mit den vorher genannten Titeln um einiges besser beraten.

[Andreas Dobersberger]

Hello, I’m selling these fine leather jackets.

In den meisten Fällen ist es mit Spielen nach erfolgreichen Kinofilmen so wie mit Kinofilmen nach erfolgreichen Spielen: Das Ergebnis ist bestenfalls Mittelmaß. Aber natürlich gibt es Ausnahmen. Hier ist eine davon: Indiana Jones and the Last Crusade: The Graphic Adventure, aus dem Jahr 1989. Oft wird dieses Spiel als eines der schwächeren LucasArts-Adventures abgetan, und vielleicht ist das im direkten Vergleich zu Day of The Tentacle, The Secret of Monkey Island oder dem Nachfolger Indiana Jones and the Fate of Atlantis auch richtig; aber das ist eben ein bisschen, wie wenn man sagt, Help! ist eines der schwächeren Beatles-Alben, im direkten Vergleich zu Revolver, Sgt. Pepper und Abbey Road – es ist trotzdem noch immer eines der großartigsten Alben der Popmusik.

LucasArts, zu diesem Zeitpunkt noch bekannt als Lucasfilm Games, hatte mit Maniac Mansion und Zak McKracken and the Alien Mindbenders bereits zwei Erfolgs-Adventures geschaffen, als es sich daran machte, den Kinohit aus dem eigenen Hause zu einem weiteren Point-and-Click-Abenteuer zu verarbeiten. Die Story des Films wurde im Großen und Ganzen beibehalten: Im Jahr 1938 erfährt der Archäologieprofessor Indiana Jones, dass sein Vater Henry Jones bei einem Forschungsprojekt verschwunden ist. Gegenstand des Projekts war der seit Jahrhunderten verschollene Heilige Gral, der die Kraft besitzen soll, unsterblich zu machen. Indy begibt sich auf die Suche nach seinem Vater und kommt dabei dahinter, dass auch die Nazis hinter dem Gral her sind.

Wie im Film durchquert Indy die Katakomben von Venedig, sucht im Schloss Brunnwald an der deutsch-österreichischen Grenze seinen Vater und muss sich am Ende drei Prüfungen stellen, um den Gral zu erreichen. Auch wenn die meisten der spektakulären Verfolgungsjagden und Actionsequenzen aus dem Film, wie die Motorbootjagd durch Venedig und die Prügeleien auf dem deutschen Panzer in der Wüste, nicht im Spiel auftauchen, gibt es doch Actionelemente, und zwar in zweierlei Form: Erstens Faustkämpfe gegen Nazisoldaten und zweitens einen Doppeldeckerflug inklusive dem Abschießen gegnerischer Flugzeuge. Wenn man kein Freund solcher Actioneinlagen ist, gibt es aber meist auch Alternativen.

Alternativen ist ein gutes Stichwort, denn eines der großartigsten Dinge an Indiana Jones and the Last Crusade ist die immense Wiederspielbarkeit. Auch nach Jahren und wiederholtem Durchspielen kann man immer wieder neues entdecken, da es oft für bestimmte Situation verschiedene Lösungsmöglichkeiten gibt. Um nach Iskenderun zu kommen kann man sich beispielsweise Flugtickets für den Zeppelin kaufen, aber auch klauen, wenn man im Lauf des Spiels nicht genug Geld gesammelt haben sollte. Oder aber man hat in der Bücherei von Venedig das Buch „So fliegt man einen Doppeldecker“ mitgehen lassen und borgt sich einen solchen aus, dann wird der Zeppelin hinfällig. Anhand eines Punktesystems (Indy-Quotient genannt) hat man immer im Auge, wieviele der Möglichkeiten man schon entdeckt hat. Erwähnenswert ist auch, dass Indiana Jones and the Last Crusade das erste LucasArts-Adventure war, in dem man über Multiple-Choice und Dialogbäume Gespräche mit NPCs führen konnte.

Als besonderes Zuckerl war seinerzeit übrigens Henrys Gral-Tagebuch in der Spielepackung mit dabei. Liebevoll aufbereitet und interessant zu lesen war es auch für die Lösung des Spiels von großer Bedeutung – wie im Film muss Indy nämlich am Ende den wahren Gral aus einer Reihe von Schalen und Bechern auswählen, und nur mit Hilfe des Tagebuchs weiß man auch, welcher der richtige ist.

[Andreas Dobersberger]

Du Papa, wo kommen eigentlich die kleinen Sims her?

Vielleicht nimmt man mir meinen Hardcore-Gamer-Führerschein weg, wenn ich das sage – aber ich bin ein großer Fan von The Sims. Sowohl den ersten als auch den zweiten Teil habe ich ausgiebigst gespielt, und momentan fesselt mich gerade der dritte. The Sims ist genial, und man sollte nicht den Fehler machen, es als Casual Game abzutun, nur weil ein Publikum jenseits pubertierender Burschen anspricht.

The Sims füllt eine Lücke: Endlich geht es in einem großen Computerspiel einmal um soziale Interaktion, um alltägliche Gefühle und allgemein um Dinge, die jeder Mensch nachvollziehen und verstehen kann und nicht nur eine Gruppe auf Tolkien und Star Wars geschulter Nerds. Dabei werden Elemente der Genres Aufbaustrategie, Rollenspiel und Adventure miteinander verbunden, während für viele Leute an Videospielen abschreckende Elemente wie Geschicklichkeit und schnelle Reflexe nicht nötig sind.

Aber wir befinden uns hier in der Retro-Rubrik, und auch wenn das erste The Sims schon wieder fast zehn Jahre her ist, so liegen die wahren Wurzeln der Serie doch noch um einiges länger zurück. Eigentlich ist sie nämlich ein Spin-Off eines viel älteren Franchises – des der Sim-Spiele. Begonnen hat dieses mit 1989, als Spieldesigner Will Wright mit seinem Studio Maxis die Städtebausimulation SimCity veröffentlichte.

Die Idee für dieses neuartige Spielkonzept kam Wright bei der Arbeit an seinem ersten Spiel Raid on Bungeling Bay. Dabei handelte es sich um ein Shoot-em-up, das jedoch bereits über Simulationsaspekte verfügte: Die feindlichen Basen wuchsen und entwickelten sich im Laufe des Spiels von selbst, so dass der Spieler sich beeilen musste, sie zu zerstören, bevor sie zu mächtig und fortgeschritten wurden. Als Will Wright bemerkte, dass er mit dem Karteneditor des Spiels mehr Spaß hatte, als mit dem Spiel selbst, kam ihm die Idee für SimCity.

Eines der ungewöhnlichsten Merkmale von SimCity war, dass es kein konkretes Spielziel gab. Der Spieler hatte die Aufgabe, eine Stadt zu errichten, mit Wohn-, Geschäfts- und Industrievierteln, Straßen, einem Stromnetz etc. Einen Punkt, an dem er „gewonnen“ oder „verloren“ hatte, gab es jedoch nicht. Eine Ausnahme bildeten spezielle Szenarien wie das Erdbeben in San Francisco im Jahr 1906.

SimCity wurde ein großer Erfolg, mit Preisen überhäuft und erschuf quasi im Alleingang ein neues Genre. Es wurde auf zahlreiche Plattformen portiert und erhielt selbstverständlich eine Reihe von Nachfolgern. Aber nicht nur das: Das Sim-Konzept wurde im Laufe der Jahre, auch von Wright selbst, auf diverse andere Bereiche umgelegt. So gab es SimEarth, in dem ein ganzer Planet simuliert wurde, oder SimLife, das sich um die Evolution von Tieren und Pflanzen drehte. Besonders interessant war auch SimAnt – die Simulation einer Ameisenkolonie.

The Sims, das im Jahr 2000 erschien, wurde schließlich der kommerziell deutlich erfolgreichste Ableger – bis heute ist es das erfolgreichste Computerspiel aller Zeiten, mit einem Anteil von etwa 50 Prozent Frauen unter den Spielern. Dass es also offensichtlich einen gigantischen Markt für gute, komplexe AAA-Titel jenseits von klischeehaften Machofantasien gibt, haben in der Spieleindustrie aber leider immer noch viel zu wenige Leute realisiert.

[Andreas Dobersberger]

Spieleperlen auf dem Sega Master System, Episode 2

Diese Woche: Mehr Master System-Propaganda!

Castle of Illusion / Land of Illusion / Legend of Illusion

Ja, früher war es tatsächlich einmal so, dass linzenzierte Disney-Spiele zu den besten Jump-and-Runs überhaupt gehörten. Während es auf den Nintendo-Systemen Capcom war, die Klassiker wie Duck Tales oder Magical Quest ablieferten, gab es auf den Sega-Konsolen eine Reihe eigener hochkarätiger Titel mit Mickey Mouse oder Donald Duck, entwickelt von Sega selbst. Ein Großteil davon fällt in die … of Illusion-Serie, deren bekannteste Vertreter wohl Caste of Illusion und World of Illusion auf dem Mega Drive sind.

Die Master Sytstem-Version von Castle of Illusion, die bis auf die Level-Themen und Mickey Mouse als Hauptfigur nicht viel mit der Mega Drive-Variante gemeinsam hat, ist auch für sich genommen ein großartiges Jump-and-Run, und bekam mit Land of Illusion und Legend of Illusion zwei exklusive Nachfolger. Insgesamt gehört die Trilogie zum besten, was man in dem Genre auf dem Master System spielen kann, dank kreativem Leveldesign, farbenfroher Grafik und einem für 8-Bit-Verhältnisse fairen und ausgewogenen Schwierigkeitsgrad.

Ninja Gaiden

Wer eine waschechte Jump-and-Run-Herausforderung sucht, ist hingegen hier richtig; die Ninja Gaiden-Serie war stets dafür bekannt, dass man blitzschnelle Reflexe und viel Übung braucht, um Überleben zu können. Es handelt sich hierbei allerdings nicht etwa um einen bloßen Port eines der drei NES-Teile, sondern um ein komplett neues Spiel, entwickelt nicht von Tecmo, sondern abermals von Sega selbst. Erschienen ist es 1992 (ausschließlich in den PAL-Regionen), man könnte es also gewissermaßen als Ninja Gaiden 4 bezeichnen. Verdient hätte es diesen Titel sowieso, denn es steht den drei Vorgängern von Tecmo wirklich in nichts nach – grafisch ist sogar eine ganze Ecke besser, der Farbpalette des Master Systems sei Dank.

Wonderboy III: The Dragon’s Trap

Vielleicht ist „Perle“ nicht das richtige Wort für Wonderboy III: The Dragon’s Trap (nicht zu verwechseln mit Wonderboy III: Monster Lair – ja, verwirrend, ich weiß), da es relativ anerkannt als eines der besten Master System-Spiele überhaupt ist, aber meiner Meinung nach wird es immer noch zu oft vergessen, unterschätzt oder als simpler Zelda II-Rip-Off disqualifiziert. In Wirklichkeit ist es eines der wohl besten 8-Bit-Spiele überhaupt und ein bemerkenswert frühes Beispiel von gelungenem Metroidvania-Gameplay.

Es beginnt im letzten Level des Vorgängers (Wonderboy in Monster Land), im Schloss des Mecha Dragon, mit einem voll aufgelevelten Hauptcharakter. Als er den Mecha Dragon besiegt, wird er jedoch von ihm verflucht: Er verliert seine Herzcontainer und seine Ausrüstung und wird selbst in einen kleinen Drachen verwandelt. Nach der Flucht aus dem Schloss muss er verschiedenste Tierformen annehmen, die ihm jeweils unterschiedliche Fähigkeiten verleihen, bis er wieder in seine menschliche Form zurückkehren kann.

Wonderboy III wurde übrigens unter dem Titel Dragon’s Curse auf die PC Engine (AKA TurboGrafx 16) portiert. Daran, wie dezent man die Grafik nur upgraden musste, um es als 16-Bit-Spiel durchgehen zu lassen, erfüllt den Master System-Fanboy in mir wieder einmal mit Stolz.

[Andreas Dobersberger]

Spieleperlen auf dem Sega Master System, Episode 1

Ich habe an dieser Stelle schon einmal erwähnt, dass ich ein hoffnungsloser Master System-Fanboy bin. Die 8-Bit-Maschine von Sega war die erste Videospielkonsole, mit der ich je in Kontakt kam, und noch heute spiele ich häufiger darauf als auf meinem NES.

Heute möchte ich einmal damit beginnen, ein paar Spieleperlen des Master Systems vorstellen, denn oft wird ja der Eindruck vermittelt, es gäbe auf der Konsole abseits von Phantasy Star keine gute Spiele. Hier also eine erste Auswahl an Titeln, auf die ich immer wieder besonders gern zurückkomme.

Fantasy Zone II: The Tears of Opa-Opa

Hierbei handelt es sich um ein klassisches Cute ‚em up, also ein Shoot ‚em up mit farbenfroher, surrealer Grafik und knuffigen Gegnern. Im Gegensatz zu seinem Arcade-Vorgänger wurde Fantasy Zone II speziell für das Master System entwickelt und ist ihm deshalb zumindest auf der Konsole deutlich überlegen. Die optisch abwechslungsreichen Levels mit ihren kräftigen Farben sind eine Augenweide, die Musik hat Ohrwurmqualität und das Gameplay ist trotz des hohen Schwierigkeitsgrads stets motivierend, vor allem weil jeder abgeschossene Feind Münzen oder Geldscheine fallen lässt, mit denen man sein Schiff in Geschäften aufrüsten lassen kann.

Zillion

Zillion ist ein Action-Adventure in einem futuristischen Setting (basierend auf einem Anime), in dem man ein gewaltiges Untergrund-Labyrinth erforscht. Das Gameplay erinnert dabei an Spiele wie Montezuma’s Revenge, Metroid und vor allem Impossible Mission. Roboter und Sicherheitssysteme müssen überwunden und Codes für Computerterminals gefunden werden, um immer tiefer in den Komplex vorzudringen und schließlich auch zwei gefangene Kollegen zu befreien. Deren Rolle kann man dann ebenfalls übernehmen, denn nur wenn man die besonderen Fähigkeiten der drei Figuren kombiniert, kann man auch das Ende des Spiels erreichen. Insgesamt gibt es nur zwei bis drei Musikstücke, diese sind aber auch hier dermaßen eingängig, dass es schwerfällt, sie wieder aus dem Kopf zu bekommen.

The Ninja

Wirklich kaum jemand kennt The Ninja, dabei ist es ein großartiges und herausforderndes Run-and-Gun-Spiel. Vielleicht liegt es am etwas unoriginellen Titel? Jedenfalls handelt es sich um eine Umsetzung eines Arcade-Titels namens Sega Ninja (auch nicht viel besser), in der man als Ninja (duh!), ausgerüstet mit Wurfmessern und Shuriken, Levels aus der Vogel- und der isometrischen Perspektive durchstreift, während man von allen Seiten von Feinden attackiert wird. Das einzige, was ich auszusetzen habe, ist die etwas unfaire Tatsache, dass man im Spielverlauf fünf teilweise sehr gut versteckte Schriftrollen finden muss – sonst wird man vor dem letzten Level ganz an den Anfang des Spiels zurückgeworfen. Aber dem kann man heutzutage, in Zeiten des Internets, leicht Abhilfe schaffen und einfach die Action genießen.

Putt & Putter

Zum Abschluss für heute noch ein Schmankerl für alle, die gerne zusammen mit einem Freund vor der Konsole sitzen: Putt & Putter ist eines meiner liebsten Multiplayer-Spiele auf dem Master System. Es handelt sich um eine Minigolf-Simulation mit einigen Twists wie Flipper-Bumpern, Warp-Toren und beweglichen Plattformen, die gerade zu zweit wirklich ungeheuer viel Spaß macht. Es gibt nichts Schöneres, als mit einem gezielten Schuss einen Schalter umzulegen, der ein Laufband aktiviert und den Ball des Kollegen damit geradewegs ins Wasser befördert.

[Andreas Dobersberger]

Zurück nach Monkey Island

Die diesjährige E3 war nicht arm an spektakulären Ankündigungen: zwei neue Super Mario-Spiele, zwei neue Metal Gear-Teile, Final Fantasy XIV, ein neuer Metroid-Titel von Team Ninja, Golden Sun DS

Aber am meisten gefreut habe ich mich doch über die glorreiche Rückkehr der Monkey Island-Serie. Gut, ich gebe zu, die Piratensaga wirkt nach vier Spielen etwas ausgelaugt und ausgereizt. Aber blicken wir doch einmal auf die Details: Zum einen entsteht eine episodisches neues Spiel namens Tales of Monkey Island bei Telltale, die bereits wundervolle Arbeit u.a. mit Sam and Max und Wallace and Gromit’s Grand Adventures vorgelegt haben, und grundsätzlich das derzeit wohl sympathischste Entwicklerstudio sind, das ich kenne. Viele Serien-Veteranen arbeiten am Spiel mit, darunter Dave Grossman, Michael Land und sogar Ron Gilbert (wenn auch nicht offiziell).

Gleichzeitig entwickelt LucasArts ein Remake des ersten Teils (The Secret of Monkey Island: Special Edition), das einer neuen Generation diesen Klassiker der Videospielgeschichte näher bringen könnte, die sich dann höchstwahrscheinlich beschweren wird, dass das ja alles ganz dreist bei den Pirates of the Carribean-Filmen geklaut sei…

Das Schönste ist, dass das Gameplay ohne Weiteres 1:1 übernommen werden könnte und in keinster Weise veraltet wirken wird, weil das Design 1990 bereits perfekt war: Fair, ausgewogen, benutzerfreundlich. Es wird nur einige Änderungen am Interface geben (schließlich erscheint das Remake nicht nur am PC, sondern auch auf Xbox Live Arcade), und ein dreistufiges Hint-System wird eingebaut. Dagegen ist nichts einzuwenden, denn The Secret of Monkey Island ist sicherlich nicht das einfachste Adventure aller Zeiten, und jüngere Spieler zu frustrieren kann nicht das Ziel sein. Die Hardcore-Gamer können es ja abstellen.

Worauf ich mich vielleicht am meisten freue, ist die neu eingespielte Musik. Der Soundtrack von Michael Land, Barney Jones, Patric Mundy und Andy Newell enthält einige meiner Lieblingsmelodien überhaupt. Jedes einzelne Stück des Soundtracks ist in meinen Kopf eingebrannt, und ich summe das SCUMM-Bar-Thema gerade in diesem Moment, während ich schreibe. Im Lauf der Jahre habe ich unzählige Versionen und Remixes der Stücke besessen, und ich kann es kaum erwarten, eine neue, offizielle, professionell eingespielte Version des Soundtracks zu hören.

Der visuelle Stil des Remakes ist ein zweischneidiges Schwert für mich, zumindest, was ich in den Trailern davon gesehen habe. Die Charaktermodelle und Animationen sehen in meinen Augen fürchterlich aus. Die überarbeiteten, handgemalten Hintergründe jedoch – großartig. Ich finde ja auch die Grafik des Originals noch immer beeindruckend, aber mir ist schon klar, dass ich mit meiner Liebe zu Pixelart und Auflösungen im Bereich 320×200 nicht unbedingt repräsentativ für die breite Masse bin. Aber hey, selbst an unverbesserlich nostalgisch verblendete Spinner wie mich hat man gedacht: Per Knopfdruck ist es möglich, jederzeit auf die klassische (und hoffentlich ungefilterte) 256-Farben-VGA-Version umzuschalten. Das ist zwar schön und gut, aber wo sind der EGA- und der CGA-Modus? (Just kidding.)

Bleibt zu hoffen, dass die humorvollen Dialoge den Übergang vom geschriebene ins gesprochene Wort ohne Verluste überstehen. Stans penetrantes Geschwafel, das Hin und Her der Fettucini Brothers, die Beleidigungs-Schwertduelle – im Kern sind es schließlich sie, die The Secret of Monkey Island zu dem machen, was es ist.

[Andreas Dobersberger]

Was LucasArts, Sierra und die Bank Austria gemeinsam haben

Ein Phänomen, das mich sehr fasziniert, sind die deutschsprachigen Werbe-Adventures, die Anfang bis Mitte der Neunziger in beeindruckend hoher Zahl existierten. Daran, dass nicht nur Firmen, sondern sogar Politiker eine ganze Reihe solcher Gratis-Spiele veröffentlichten, um junge Leute anzusprechen, kann man erkennen, wie beliebt das Point-and-Click-Adventure-Genre zu der Zeit und gerade in unseren Gefliden war.

Zu den bekanntesten Vertretern dieser Gattung zählen wohl die beiden Spiele über die Deutsche Telekom: Das Telekommando! (1993) und Das Telekommando kehrt zurück! (1995), in denen man einen Servicetechniker spielt, der allerlei spannende Abenteuer erlebt und dabei die großartigen Fähigkeiten benötigt, die er in seiner Ausbildung bei der Telekom gelernt hat. Aber das ist nur ein Beispiel von vielen: Es gab Adventures von Lebensmittelfirmen (Abenteuer Atlantis – Knorr), Banken (Crazy Circus – Sparkasse), sogar von Medikamentenherstellern (Geheimprojekt DMSO – Dolobene und Rheumabene). Und dann waren da natürlich noch die vielleicht bizzarsten Auswüchse dieser Erscheinung, nämlich die Spiele von Ministerien und politischen Parteien – der Klassiker hierbei: Captain Gysi und das Raumschiff Bonn von der PDS.

Ich möchte an dieser Stelle kurz über meinen persönlichen Lieblingstitel dieser Art sprechen, der noch dazu aus Österreich stammt und auch das einzig mir bekannte österreichische Point-and-Click-Adventure aus dieser Zeit ist. Die Rede ist von Arnie Goes 4 Gold, hergestellt im Auftrag der Bank Austria von der Firma Topjob im Jahr 1994.

Wie viele der Werbespiele findet die Story von Arnie Goes 4 Gold in einem angenehm bodenständigen Alltagssetting statt: Der Jugendliche Arnie (den raffinierten Österreichbezug im Namen bemerkt?) erbt von seinem Onkel Fritz, einem berühmten Musiker, der in Amerika Karriere gemacht hat, ein Haus, das es erst einmal zu finden gilt. Dass die Bank Austria zur Lösung der diversen Puzzles, die dabei überwunden werden müssen, eine entscheidende Rolle spielt, liegt auf der Hand: Bankomatkarte, Kontofon-Service und Mitgliedschaft im Club Austria sind unverzichtbar.

Was am stärktsten für Arnie spricht, sind nicht unbedingt die Rätsel, die solide Adventure-Standardware sind, auch nicht die Dialoge, die ein wenig unter nicht immer gelungenen Witzen, Tippfehlern und fehlenden Satzzeichen leiden, sondern die wirklich sehr hübsche und liebenswerte Comic-Grafik. Wie oft sieht man schon Pixelart im Stil Day of the Tentacle oder Leisure Suit Larry 5 angewandt auf ein Tiroler Bergdorf?

Sogar ein Real-Life-Gewinnspiel war in Arnie Goes 4 Gold enthalten: Wenn man zwei Fragen über das Adventure richtig beantworten konnte und an die Bank Austria schickte, hatte man unter anderem die Chance, ein 486er-Farb-Notebook zu gewinnen! Leider ist der Einsendeschluss mit 28. Februar 1995 schon ein Weilchen abgelaufen. Weiters konnte man sich „für weitere Informationen auf Diskette oder für eine Fortsetzung des Computer-Spiels vormerken lassen“.

Dass diese Fortsetzung nie verwirklicht wurde ist schade, waren doch gerade bei Werbe-Adventures häufig die Fortsetzungen ihren Vorgängern stark überlegen. Aber wer weiß… Wenn genug Leute die Bank Austria-Filialen Österreichs stürmen und bei den Schalterbeamten nach dem so lange angekündigten Nachfolger von Arnie Goes 4 Gold verlangen, vielleicht ist Arnies glorreiche Rückkehr ja dann schon bald Realität.

Zu finden ist Arnie Goes 4 Gold neben vielen anderen Werbe-Adventures übrigens hier.

[Andreas Dobersberger]

Von Handtüchern, Babelfischen und keinem Tee

Morgen ist Towel Day.

Was soll das heißen, „Was ist Towel Day“?! Towel Day ist natürlich der jährliche Gedenktag für Douglas Adams, Autor der bekannten Hitchhiker’s Guide To The Galaxy-Bücher, an dem seine Fans ihn dadurch ehren, dass sie den ganzen Tag ein Handtuch mit sich herumtragen.

Was soll das heißen, „Wieso ein Handtuch“?! Natürlich, weil Adams im Hitchhiker’s Guide mehrfach erwähnt hat, dass ein Handtuch der nützlichste Gegenstand im Universum ist, und dass man immer eines bei sich haben sollte. Ist doch logisch.

Was soll das heißen, „Was hat das alles mit Retro-Videospielen zu tun?!“ Ich sehe schon, ich muss hier wohl alles erklären.

The Hitchhiker’s Guide To The Galaxy wurde im Laufe der Jahre in den verschiedensten Medien realisiert: Ursprünglich war die Geschichte ein BBC-Hörspiel, wurde aber am bekanntesten als Roman. Später entstand neben einem Comic, einer TV-Serie und einem Kinofilm auch ein Computerspiel. An den meisten dieser Umsetzungen war Adams persönlich beteiligt, und als Computerfreak war er an der Entwicklung des Spiels natürlich besonders interessiert.

Das war im Jahr 1984. Adams war schon seit längerem ein Fan des Entwicklers Infocom gewesen, der bereits damals für seine brillianten Textadventures (auch Interactive Fiction genannt) bekannt war, und so begann er zusammen mit Steve Meretzky (Planetfall, A Mind Forever Voyaging) die Arbeit an einer interaktiven Version der seiner Science-Fiction-Satire.

Interactive Fiction war zumindest zum damaligen Zeitpunkt wohl tatsächlich die perfekte Form für ein Hitchhiker’s Guide-Videospiel, die einzige nämlich, die den Sprachwitz und die verquere Logik auch wirklich umsetzen konnte. Klar, der einfachere Weg wäre ein Actionspiel gewesen, in dem man mit der Heart of Gold Vogonenschiffe abballert. Allerdings würde sich an solch ein Spiel heutzutage wohl niemand mehr erinnern, und auch Douglas Adams hätte wohl kaum Gestaltungsmöglichkeiten gehabt. So jedoch stammt nicht nur ein Großteil des Textes von Adams selbst, auch viele der Puzzles gehen auf ihn zurück, wie zum Beispiel das berümt-berüchtigte Babelfisch-Puzzle. Die Story folgte in der ersten Hälfte weitgehend der des Buches und des Hörspiels (der Spieler übernimmt die Rolle des Engländers Arthur Dent, der zuerst sein Haus verliert und dann auch noch seinen Heimatplaneten), in der zweiten Hälfte entfernte sich das Geschehen von dem seiner Vorlagen und das Gameplay wurde stark non-linear.

Dabei spielte Hitchhiker’s Guide ständig mit den Konventionen der Form und den Erwartungen des Spielers, so hatte man etwa „no tea“ als Gegenstand im Inventar oder wurde vom Erzähler schlicht angelogen und an der Nase herumgeführt. Das war zum einen spannend, interessant und revolutionär, auf der anderen Seite machte es das Spiel natürlich nicht gerade einfach oder benutzerfreundlich. Dennoch wurde es ein großer Erfolg, sowohl bei den Kritikern als auch beim Publikum, und nach Zork Infocoms erfolgreichstes Spiel überhaupt.

Erwähnung finden sollten auf jeden Fall die feelies – kreative Packungsbeigaben, die bei Infocom-Titeln Standard waren. The Hitchhiker’s Guide To The Galaxy beinhaltete neben den Disketten und der Gebrauchsanweisung außerdem: einen „Don‘t Panic“-Button, eine Sonnenbrille, eine mikroskopische Raumflotte, den schriftlichen Zerstörungsbefehl für Arthurs Haus, den schriftlichen Zerstörungsbefehl für die Erde, ein Stück Flaum und keinen Tee. Da bekam man eben noch etwas für sein Geld!

Das Sequel Milliways: The Restaurant At The End Of The Universe, das noch am Ende des Spiels angekündigt wurde, war zwar in Entwicklung, ist aber leider nie erschienen. Allerdings arbeitete Adams noch ein zweites Mal mit Infocom zusammen und schrieb Bureaucracy, ebenfalls ein Textadventure, das zwar nichts mit dem Hitchhiker’s Guide-Universum zu tun hatte, aber dennoch erneut ein großartiges und sehr witziges Spiel wurde.

Übrigens: Eine schöne Möglichkeit The Hitchhiker’s Guide To The Galaxy heute zu spielen, bietet sich auf der Homepage der BBC – direkt im Browser, und mit Illustrationen, Tipps und Hintergrundinfos.

[Andreas Dobersberger]

Always bet on Duke?

3D Realms, der berühmt-berüchtigte Entwickler der Vaporware-Legende Duke Nukem Forever, ist jetzt also pleite. Die Überraschung ist dabei weniger, dass es passiert ist, als dass es erst jetzt passiert ist. Welches Studio kann es sich schon leisten, in ein einziges Spiel 12 Jahre Arbeitszeit zu investieren, sicherlich mit mehreren Abbrüchen und Neustarts und somit mehrmaligem Wechsel der Hard- und Softwareumgebungen? Natürlich mit ständigem Imageschaden, denn vielmehr als der Running Gag der Videospielindustrie war 3D Realms schon lange nicht mehr.

Die Frage ist jetzt natürlich: Was passiert mit Duke Nukem Forever? Ironischerweise bekommen wir nun einen ganzen Haufen Screenshots, Models und Artwork zu sehen, sogar ein neues Gameplay-Video ist aufgetaucht. Das Projekt existiert also. Wird es ein anderer Entwickler aufgreifen oder gar neu beginnen? Oder werden wir das neue Abenteuer des Duke niemals zu sehen bekommen? Und warum sollten wir uns überhaupt noch dafür interessieren? Die letzte Frage kann ich beantworten, aber dazu müssen wir zurückblicken, auf den Vorgänger von Duke Nukem Forever: den 1996 erschienenen Shooter-Klassiker Duke Nukem 3D.

Duke Nukem 3D erschien in einer Zeit, als man das Genre im Allgemeinen noch nicht als Ego-Shooter oder FPS bezeichnete, sondern das Wort „Doom-Klon“ verwendete. Meistens zurecht, aber 1996 war in vielerlei Hinsicht ein wichtiger Wendepunkt: Duke Nukem 3D und, ein halbes Jahr später, Quake waren gewaltige Schritte vorwärts, wenn auch in zwei unterschiedliche Richtungen. Während Quake eine technische Revolution darstellte, ging Duke 3D vor allem in Sachen Inhalte und Design neue Wege.

Man könnten sagen, dass Duke Nukem 3D eine Parodie auf Ego-Shooter/Doom-Klone war, die zum ersten Mal eine erfrischende Portion Humor in das Genre brachte. Zuallererst wäre da natürlich die Hauptfigur, Duke Nukem: ein wasserstoffblonder Muskelprotz mit Sonnenbrille, der das Spielgeschehen mit witzigen One-Linern kommentiert. Diese One-Liner sind es wohl der Aspekt des Spiels, der am besten im kollektiven Gamer-Gedächtnis geblieben ist. Von „What are you waiting for? Christmas?“ bis zu „I’ll rip your head off and shit down your neck.“

Viel entscheidender war aber das Leveldesign. Statt in den immergleichen Raumstationen und Verließen fanden die meisten Levels in „realistischen“ Settings statt: Bars, Kinos, Geschäfte, Restaurants, Postämter, Stripclubs, Hotels – Orte, aus unserem täglichen Leben, die zu erforschen einfach mehr Spaß machte als die üblichen Science Fiction- und Fantasy-Szenarien. Noch dazu gab es in diesen Levels oft eine Vielzahl an Details zu entdecken, zum Beispiel benutzbare Gegenstände oder einfach nur kleine Gags und Anspielungen. Wenn man die Tür zu einer öffentlichen Toilette öffnet, dort ein feindliches Alien gerade auf der Kloschüssel sitzt, und man besagte Kloschüssel dann auch noch selbst benutzen kann, während Duke kommentiert, dann sorgt das an der Oberfläche für ein herrlich kindisches Grinsen und auf einer tieferen Ebene zu einer beträchtlichen Erhöhung der Immersion.

Außerdem waren viele der Levels teilweise recht offen gestaltet, erlaubten verschiedene Wege, geheime Abkürzungen und dergleichen. Das Videospiel-Klischee der Lüftungsschächte als Alternativrouten fand hier womöglich seinen Anfang. Und auch die berühmten scripted events, die seit Half-Life aus keinem Shooter mehr wegzudenken sind, waren hier in einer frühen Form vorhanden: Ab und zu wurde der Spieler von Erdbeben und Explosionen überrascht, die beispielsweise Wände zum Einsturz brachten und neue Wege eröffneten.

Ich habe mich sehr auf Duke Nukem Forever gefreut, weil ein Spiel in dieser Art momentan einfach sehr gut tun würde, zwischen all den Halos, Killzones und Call of Dutys. Allerdings hat mich das, was bisher an Gameplay gezeigt wurde, etwas enttäuscht. Dukes Sprüche und Persönlichkeit waren zwar vorhanden, aber das Leveldesign sah erschreckend uninspiriert aus; von wenigen Ausnahmen abgesehen waren es die gleichen grau-braunen Korridore wie in den erwähnten 08/15-Titeln. Wenn ich da an den farbenfrohen E3-Trailer von 2001 denke… Aber vielleicht haben ja seit Duke Nukem 3D nicht nur viele Gamer vergessen, was das Spiel ausgezeichnet hat, sondern auch die Entwickler selbst. Immerhin ist es verdammt lange her.

[Andreas Dobersberger]

Takeshi Kitano’s about to make you his bitch

Der japanische Künstler Takeshi Kitano ist den meisten wohl als Filmregisseur (Hana-bi, Kikujiros Sommer, Dolls) und Erfinder der TV-Show Takeshi’s Castle bekannt. Dass er im Jahr 1986 zusammen mit der Firma Taito auch ein Spiel für das Nintendo Famicom entwickelt hat, wissen hingegen die wenigsten. Es trägt den Namen Takeshi no chousenjou („Takeshis Herausforderung“) und dürfte wohl eines der bizarrsten Spiele sein, die je programmiert wurden.

Die Sache ist nämlich die: Takeshi Kitano hasst Videospiele. (Zumindest tat er das vor 23 Jahren.) Sein Ziel war nicht, ein unterhaltsames, spaßiges Produkt abzuliefern, sondern vielmehr, die Idee des Videospiels zu dekonstruieren und als sinnlose Zeitverschwendung zu entlarven. Zusätzlich waren angeblich viele seiner Gameplay-Ideen das Ergebnis von ausgiebigem Sake-Genuss…

In Takeshi no chousenjou übernimmt man die Rolle von Takeshi Kitano höchstpersönlich, der gerade von seinem Job gefeuert wurde und nun einen Schatz finden will, um an Geld zu kommen. Es handelt sich um ein seitlich scrollendes Action-Adventure in einem Gegenwartsszenario. Um voranzukommen muss man unter anderem Leute verprügeln, sich betrinken, sich von seiner Frau scheiden lassen und wiederholt Karaoke singen (über das im Controller eingebaute Mikrofon des Famicom). Besonders berüchtigt ist das Rätsel um die Schatzkarte: Wenn man sie erhält, ist sie anscheinend nur ein leeres Blatt Papier. Um die Schrift darauf sichtbar zu machen, muss man sie eine Stunde in die Sonne halten. Und gemeint ist tatsächlich eine Real-Life-Stunde, in der man nichts weiter machen darf, als zu warten. Drückt man in der Zeit einen Controller-Button, wird man beschimpft, verliert die Karte und muss weiter Karaoke singen.

Weiß man schließlich, wo sich der Schatz befindet, folgt ein klassischer, horizontaler Shoot-em-up-Level. Soweit nichts besonderes, aber der Haken ist, dass man zwar nach unten, links und rechts, aber nicht nach oben steuern kann, was die Sache natürlich bis ins Unermessliche erschwert, weil man sich seine beschränkten Abwärtsbewegungen bevor man ins Meer stürzt dadurch exakt einteilen muss. Hat man den Schatz am Ende des Spiels endlich gefunden, folgt das epische Finale: Der Bildschirm wird schwarz, Takeshis Kopf taucht auf und verkündet: „Großartig!“ Wartet man fünf Minuten, meldet er sich noch ein letztes Mal: „Warum nimmst du dieses Spiel so ernst?“

Das ist Takeshi no chousenjou – eine hämische Verarschung von Videospiel-Nerds. Und trotzdem – oder gerade deswegen – genießt es natürlich Kultstatus in Japan, als besonders interessantes Exemplar eines, wie die Japaner so schön sagen, kusoge („Scheißspiel“). Interessant deshalb, weil hier vielleicht zum ersten Mal jemand ein bodenlos schlechtes Videospiel programmiert hat, nicht weil er es nicht besser kann, sondern weil er damit etwas ausdrücken will. Message über Unterhaltungswert – damit ist Takeshi no chousenjou wohl das einzige art game auf dem Famicom.

Wer das Spiel in Aktion sehen will, dem sei unbedingt Episode Eins der herrlichen japanischen Videospielshow Game Center CX empfohlen, amüsante Hintergrundinfos inklusive:

Teil 1
Teil 2

[Andreas Dobersberger]